Niall Ferguson hielt einen interessanten Vortrag bei TED über "die große Divergenz", womit der Unterschied an Wohlstand zwischen der westlichen und der östlichen Welt gemeint ist.

Seine These besteht aus sechs Eigenschaften, die Ursache für den Erfolg der westlichen Kultur sind.

1. Wettbewerb

Ost- und Westdeutschland, genauso wie Nord- und Südkorea, zeigen, dass es nicht an Kultur, Geographie, etc. liegt, wie erfolgreich ein Land wirtschaftlich ist. Allein die Tatsache, dass die Marktwirtschaft abgeschafft wurde, hat für einen wirtschaftlichen Niedergang gesorgt.

2. Wissenschaft

Als Beispiel für die Überlegenheit der wissenschaftlichen Methode führt Ferguson an, dass Physik es erlaubt sehr viel präzisere Artillerie zu bauen. Die muslimische Welt versteift sich zu sehr auf Theologie, auf Kosten naturwissenschaftlicher Erkenntnisse.

3. Eigentum

Vor allem Grundstückseigentum ist ein großer Unterschied zwischen Kulturen. Während beinahe jeder in den USA ein bischen Land besitzt, kann das kaum jemand in Südamerika von sich behaupten.

Eine interessenter Gedanke, den Ferguson gegen Ende seines Vortrags aufwirft, ist die Frage, ob Eigentum eine Vorrausetzung für Demokratie sein könnte. Afrika scheint in diesem Aspekt ein Problem zu haben.

4. Medizin

Gute medizinische Versorgung sorgt für längere Lebenserwartung.

5. Konsumgesellschaft

Konsum und das Streben nach Luxus ist eine notwendige Vorrausetzung für freie Marktwirtschaft. Im Gegensatz dazu haben Gandhis Bescheidheit Indiens Wirtschaft eher geschadet. Ferguson schätzt den positiven Effekt von Konsum auf die Wirtschaft höher ein als den Effekt von Innovation.

6. Arbeitsmoral

Die durchschnittliche Arbeitszeit fällt in der westlichen Welt, während gerade die Asiaten fleißig bleiben. Dieser Fleiß wirkt sich beispielsweise auf die PISA Werte der Schüler aus, wo Asien dem Westen überlegen ist. Ebenso meldet Asien zunehmend mehr Patente an die westliche Welt.

Die Zukunft

Vor wenigen Jahrzehnten war ein Einwohner der USA im Schnitt 20mal so wohlhabend wie ein Chinese. Heute ist es nur noch ein Faktor von 5 und der Trend fällt. Dass China die nächste große Weltmacht werden könnte, ist keine neue Theorie. Die Frage ist, ob die westliche Welt ihren Niedergang verhindern kann. Nach Niall Ferguson ist das möglich, indem man die sechs Eigenschaften beherzigt.

Kritik

Meiner Ansicht nach scheint es sich auf nur drei Punkte zu verdichten:

  1. Marktwirtschaft (beinhaltet Wettbewerb, Eigentum, Konsumgesellschaft)
  2. Wissenschaft (beinhaltet Medizin)
  3. Arbeitsmoral

Ich stimme mit Ferguson überein, dass Marktwirtschaft und Wissenschaft entscheidende Faktoren in der internationalen Politik sind. Da eine Großmacht sich allerdings in diesen Punkten nicht verschlechtert, bleibt nur die Arbeitsmoral als Grund für den Niedergang übrig. Den Römern wirft man ja immer mal wieder vor, an ihrer Dekadenz zugrunde gegangen zu sein. Kann die westliche Kultur durch unsere mangelnde Arbeitsmoral fallen? Sind die Afrikaner einfach nicht fleißig genug?

Um allgemein gültig zu sein, müsste so eine Theorie aber konkreter und auf vergangene Weltreiche (z.B. Rom, Dschingis Khan, Osmanen, Sowjetunion) anwendbar sein. Ferguson hat als bekannter Historiker noch einiges mehr veröffentlicht, vermutlich findet man dort noch mehr zu seinen Theorien.

© 2011-11-19