Aktuell entwickelt meine Fakultät eine neue Promotionsordnung. Als Vorstandsmitglied des Doktorandenkonvents, bin ich involviert. Das LHG §38 (7) benennt sehr ausdrücklich unsere Rolle:
Entwürfe für Promotionsordnungen werden dem Konvent zur Stellungnahme zugeleitet; die Stellungnahme wird den Senatsunterlagen beigefügt.
Das klingt jetzt nach nicht viel. In der Praxis, legt die Fakultätsleitung aber doch sehr viel Wert darauf, dass von unserer Seite keine negativen Kommentare kommen.
Insgesamt sind wir zufrieden. Die Änderungen formalisieren bestehende Praxis und reparieren einige Kleinigkeiten. Beispielsweise bestimmt nun der Prüfungsauschuss über Änderungsauflagen vor der Veröffentlichung, wo sich vorher zwei Gutachter und der Doktorand irgendwie einigen mussten.
Der letzte kritische Punkt ist nun der Begriff "gewerbliche Promotionsberatung". Die aktuelle Version enthält einen Absatz, dass Doktoranden abgelehnt werden, wenn sie einen Vertrag haben oder hatten, der eine gewerbliche Promotionsberatung zum Gegenstand hat.
Der Begriff an sich geht auf ein Urteil des Niedersächsisches OVG, Urteil vom 02. Dezember 2009 – 2 KN 906/06 zurück. Dort wurden Doktoranden aufgrund eines solchen Abschnitts in der Promotionsordnung abgelehnt. Das Gericht befand die Intention der Regelung folgendermaßen:
Erkennbares Ziel der streitgegenständlichen Regelung ist es, die Qualität der Promotionen sicherzustellen und jedem Anschein von Käuflichkeit und unlauterer Methoden von vornherein zu begegnen.
2009 gab es einen Korruptionsskandal. Promotionsberater kassierten 4-5 stellige Summen. Offiziell für die Vermittlung zu einem Doktorvater. Inoffiziell um diesen zu bestechen. Einige der betroffenen Doktoranden klagten, um zu promovieren. Das OVG befand:
Allein wegen der Höhe des unangemessen hohen Honorars in einer Größenordnung von 45.000 DM und 21.000 EUR konnte ihnen bewusst sein, dass ein offensichtliches Missverhältnis zwischen der von dem Institut angeblich nur geschuldeten Leistung der Vermittlung von Doktorvater und Dissertationsthema sowie sonstiger unterstützender Hilfeleistung und der von ihnen vertraglich geschuldeten Gegenleistung besteht. Bezeichnenderweise haben die Antragsteller trotz mehrfacher Aufforderung seitens des Senats nicht dargelegt, für welche konkreten Gegenleistungen im Einzelnen sie die vereinbarten Honorare geleistet haben. Zumindest dürfte es ihnen ohne weiteres klar gewesen sein, dass es sich bei der gewerblichen Promotionsvermittlung der hier vorliegenden Art jedenfalls um eine rechtliche Grauzone handelt. Diese Problematik ist seit langem bekannt. Die rechtliche Fragwürdigkeit der Tätigkeit von so genannten Promotionsberatern ist etwa im Jahr 1994 Thema der Resolution des 44. Hochschulverbandstages gewesen. Der Hochschulverband hat bereits seinerzeit empfohlen, die Promotionsordnungen unter anderem dahingehend zu ändern, dass die Doktoranden eine eidesstattliche Versicherung unter anderem des Inhalts abgeben sollten, dass sie nicht die Hilfe eines Promotionsberaters in Anspruch genommen und Dritte weder von den Doktoranden unmittelbar noch mittelbar geldwerte Leistungen für Arbeiten erhalten hätten, die im Zusammenhang mit dem Inhalt der vorgelegten Dissertation stünden. Es konnte daher jedem Promotionswilligen, der sich gegen Entgelt eines gewerblichen Promotionsberaters bedient hat, bewusst sein, dass dies den Ausschluss von dem Promotionsverfahren bedeuten könnte.
Der Deutsche Hochschulverband empfiehlt nun diese Regelung gegen gewerbliche Promotionsberatung in allen Promotionsordnungen. "Nur so könne dieser Sumpf trockengelegt werden." Damit hat der Begriff "gewerbliche Promotionsberatung" eine sehr viel präzisere Bedeutung, als die beiden Wörter an sich vermuten lassen.
Die Regel scheint heutzutage übliche Praxis zu sein. Würden es nun ein schlechtes Licht auf uns werfen, wenn wir sie herausnehmen? Auch das OVG denkt so:
Diese Vorschrift genüge den Anforderungen an eine Berufsausübungsregelung, da sie der Sicherung der in der Wissenschaft geltenden Verhaltenskodizes diene und im Interesse des akademischen Ansehens der Doktoranden sowie ihrer Fakultät insgesamt geboten sei, um den Anschein illegaler Promotionsvermittlungen und -hilfen zu vermeiden.
Andererseits finde ich die Regel verwerflich, da man Doktoranden auf einen Verdacht hin ausschließt. Hätte man Beweise für einen echten Verstoß gegen gute wissenschaftliche Praxis, greift ein anderer Abschnitt der Promotionsordnung. Der Begriff ist nur mit Verweis auf das OVG Urteil verständlich. Ist eine Promotionsordnung wirklich der richtige Ort dafür?
(Dies ist nichts Offizielles von Konvent oder Vorstand, sondern nur meine privaten Gedanken.)